Trotz internationaler Turbulenzen zeigt die österreichische PE/VC Industrie 2002 stabile Investitionsaktivitäten und steigendes Fundraising – Bessere Rahmenbedingungen sollen Risikokapital in Zukunft weiter stärken.
Gleich wie die gesamteuropäische war auch die österreichische Beteiligungsindustrie über die vergangenen Jahre mit denkbar schwierigen wirtschaftlichen Umfeldbedingungen konfrontiert. 2001 führte das bei den Beteiligungsinvestitionen zu spürbaren und beim Fundraising zu deutlichen Rückgängen. Die Daten für 2002 zeigen dagegen allerdings wieder Anzeichen für eine Erholung. Die Investitionsaktivitäten bleiben im Vorjahresvergleich stabil, das Fundraising legt dagegen deutlich zu, nur die Exitbedingungen bilden auch weiterhin ein Schwachstelle. Für die Zukunft ist ein wachsender Bedarf an Beteiligungskapital und eine zügige Weiterentwicklung des österreichischen PE/VC Marktes zu erwarten, die auch durch politische Maßnahmen unterstützt werden soll.
Entgegen der europäischen Entwicklung legt das Fundraising in Österreich zu
Obwohl das Fundraising in Österreich gleich wie in Europa während der vergangenen zwei Jahre durch eine restriktive Veranlagungspolitik potentieller Investoren geprägt war und die Rekordniveaus des Jahres 2000 nicht annähernd erreicht werden konnten, zeigt sich gerade hier für 2002 ein positives Bild. Anders als in Gesamteuropa konnten in Österreich Zuwächse von fast 30% erzielt werden, so dass sich das Volumen aufgebrachter Mittel mit € 177 Mio. wieder annähernd auf dem Niveau von 1999 befindet.
Das Fundraising hat sich aber nicht nur im Volumen, sondern vor allem auch in seiner Struktur verändert. Waren 2001 Banken mit einem Anteil von 63% die alles dominierenden Investoren, so hat sich ihr Beitrag 2002 auf knapp 41% reduziert. Deutlich zugelegt haben dafür Fund of Funds von etwas über 4% auf knapp über 20%, Versicherungen, die ihren Anteil um 8 Prozentpunkte auf fast 16% steigern konnten und die öffentliche Hand mit einem Anstieg von etwas über 5 Prozentpunkten auf knapp 13%. Auch Pensionsfonds werden nach einer Pause 2001 wieder aktiv und tragen knapp 3% zu den 2002 aufgebrachten Mittel bei.
Wenn Österreich mit steigenden Fundraising-Zahlen auch eine Entwicklung entgegen des europäischen Trends verzeichnet, so entspricht die geplante Verwendung der aufgebrachten Mittel durchaus dem europäischen Muster. Wie in Europa insgesamt verlagert sich das Interesse der Beteiligungsgeber mehr und mehr auf Investments in reifere Unternehmen. Sollten die 2001 aufgebrachten Mittel noch zu fast 30% in High-tech Frühphasen und nur zu knapp 10% in Buy-out Deals investiert werden, so wird 2002 eine Verteilung von 13% bzw. 30% angestrebt. Anders als auf europäischer Ebene soll die mit knapp 62% bisher dominierende Expansionsphase aber reduziert werden und nur mehr etwa 48% der Investitionen auf sich ziehen.
Investitionsaktivitäten bleiben im Vorjahresvergleich stabil
Ähnlich wie in Gesamteuropa bleiben auch in Österreich die Investitionsaktivitäten mit knapp € 147 Mio. im Vergleich zum Vorjahr relativ stabil, wenn auch ein kleiner Rückgang von weniger als 1% zu verzeichnen ist. Das Verhältnis von Erst- und Folgeinvestments zeigt ebenso kaum Veränderungen und steht bei einer kleinen Verschiebung zugunsten der Folgeinvestments wie im Vorjahr bei rund 3:1.
Frühphasenbeteiligungen verlieren an Bedeutung und geben rund 8 Prozentpunkte an Replacement capital ab. Expansionsphasen und Buy-out Deals zeigen dagegen nur kleine Verschiebungen zugunsten der Expansionsphase. Die Zahl der finanzierten Unternehmen nimmt mit rund 8% stärker ab als die insgesamt investierten Mittel, so dass auch das durchschnittliche Dealvolumen im Vergleich zum Vorjahr leicht ansteigt. Die strukturellen Veränderungen zwischen den Investitionsphasen zeigen ganz das erwartete Bild, wenn man berücksichtigt, dass die Dealgröße von Frühphaseninvestments bis zum Buy-out Deal deutlich ansteigt.
Das Hauptinteresse der österreichischen Beteiligungsgeber gilt mit einem Anteil von knapp 75% weiterhin den Inlandsinvestments, auch wenn diese im Vergleich zum Vorjahr um immerhin 13 Prozentpunkte gefallen sind. Innerhalb Österreichs wird der Zentralraum Wien fokussiert, der etwa 17% der Investitionen auf sich zieht und damit im Vorjahresvergleich (36%) deutlich verliert. An zweiter Stelle findet sich Oberösterreich mit rund 13% (-2 Prozentpunkte) und die Steiermark ebenfalls mit 13% (+6 Prozentpunkte) gefolgt von Niederösterreich mit knapp 9% (+2 Prozentpunkte). Das Schlusslicht bildet Kärnten mit einem Anteil von nicht mehr als einem Prozent (-1 Prozentpunkt).
Divestments sind weiterhin eine Schwachstelle
Die Exitbedingungen haben sich auch 2002 nicht verbessert. Aufgrund anhaltend schwieriger Bedingungen auf den internationalen Kapitalmärkten wie auch im M&A Geschäft konnten deutliche Steigerungen im Vergleich zum Vorjahr nur bei den Abschreibungen verzeichnet werden.
Positive Signal für die Zukunft von PE/VC in Österreich
Trotz der weiterhin schwachen Situation bei den Exits und den deutlich gestiegenen Abschreibungen geben die stabilen Investitionsaktivitäten und vor allem die Steigerung bei den aufgebrachten Mitteln, die als Indikator für höheres Investorenvertrauen gewertet werden kann, durchaus positive Signale für die nahe Zukunft. Die PE/VC Industrie hat sich als fester Bestandteil im österreichischen Kapitalmarktumfeld etabliert und kann sich darüber hinaus auf einen wachsenden Bedarf an Beteiligungskapitalinvestitionen stützen.
Mehr und mehr der rund 6.000 bis 7.000 österreichischen KMUs, die für PE/VC Investments interessant sind, forcieren die Entwicklung und Vermarktung innovativer Produkte und Prozesse, um Expansion und Internationalisierung voranzutreiben. Dabei sind sie verstärkt auf Risikokapital und kompetente Partner angewiesen. Die Einführung der Basel II Vorschriften wird diesen Trend noch verstärken. Wie Studien zeigen, wird sich für rund 25% aller österreichischen KMUs ein Nachfolgebedarf über die kommenden Jahre ergeben, der gerade das in Österreich starke Segment der Familienunternehmen für Buy-out Transaktionen öffnen wird. Außerdem haben sich in Österreich auch die Unternehmensgründungen rasant entwickelt. Wurden 1995 noch rund 14.000 gezählt, so hat sich ihre Anzahl bis 2002 verdoppelt. Rund 8% davon können dem High-tech Segment zugerechnet werden und bilden so einen erheblichen Pool für Venture Capital Investments.
Um bestehende Potentiale auch wirklich ausschöpfen zu können sind allerdings vorteilhafte Umfeldbedingungen notwendig, die neben der konjunkturellen Situation vor allem auch die rechtlichen, steuerlichen und förderpolitischen Rahmenbedingungen für PE/VC umfassen. Hier zeigt Österreich noch Aufholbedarf wie die kürzlich veröffentlichte Studie der EVCA „Benchmarking European Tax & Legal Environments“ zeigt, die 15 europäische Staaten unter die Lupe nimmt.
Vorhandene Defizite wurden von der öffentlichen Hand allerdings bereits erkannt, so dass die AVCO als Dachorganisation der österreichischen Beteiligungskapitalindustrie seit Ende vergangenen Jahres gemeinsam mit dem österreichischen Finanzministerium an Vorschlägen für eine umfassenden Neugestaltung genau dieser Rahmenbedingungen für PE/VC arbeitet. Obwohl die Details der anstehenden Reform noch nicht ausverhandelt sind, sollten folgende Elemente verwirklicht werden:
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Schaffen international vorbildlicher Fondsstrukturen für Private Equity und Venture Capital im Rahmen eines eigenständigen Gesetzes, um nationales und internationales Fondskapital bei geringen administrativen Kosten aufbringen und Beteiligungsinvestitionen leichter durchführen zu können.
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Öffnen der Veranlagungsvorschriften für institutionelle Anleger, um den Zugang von Pensionsfonds, Versicherungen etc. zu PE/VC Fonds zu erleichtern.
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Einbeziehen von PE/VC als integralen Bestandteil in die österreichische Technologie-, Innovations- sowie Wirtschaftsstrukturpolitik, um Crowding-out zu vermeiden und mögliche Synergien zu nutzen.
Um neu gewonnene Spielräume vor allem institutioneller Investoren auch wirklich auszuschöpfen und den Zustrom an Kapital in die österreichische PE/VC Industrie mittelfristig zu intensivieren, arbeitet die AVCO parallel dazu und in enger Abstimmungen mit ähnlichen Bestrebungen der EVCA an Leitlinien zu „Rechten und Pflichten des Fondsmanagements gegenüber ihren Investoren“. Diese Leitlinien sollen dabei das Know-how über die Funktionszusammenhänge und Abläufe bei Investments in PE/VC erhöhen, die Rechte und Einflussmöglichkeiten der Investoren verdeutlichen und den Ressourcenaufwand beim Monitoring ihrer Investments reduzieren.
Positive Signale bei der aktuellen Marktentwicklung, ein zunehmender Bedarf an Beteiligungsinvestments und ein aktives Engagement bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen werden gemeinsam die weitere Entwicklung von PE/VC in Österreich forcieren und die Umsetzung bestehender Chance ermöglichen.